Standort auf Karte: Pilatus: Verkehrskarte (Bahnen) von openstreetmap.org
Die Pilatusbahn als steilste Zahnradbahn der Welt (480%o) braucht man hier wohl nicht mehr gross vorzustellen. Sie führt von Alpnachstad am Vierwaldstättersee und Bahnhof an der schmalspurigen Brünigbahn (heute Zentralbahn) auf den Pilatus Kulm. Ein Wunderwerk des klassischen Maschinenbaues wie es wohl nur in der beginnenden Epoche der Mechanisierung um 1900 möglich war.
Die horizontalen Zahnräder des Zahnradsystems Locher waren die konstruktive Antwort auf die Gefahr eines möglichen Aufsteigens des Zahnrades auf die Zahnstange. Unter den beiden vis à vis angeordneten, horizontalen Zahnrädern befinden sich zusätzlich noch Sicherungsscheiben, welche selbst unter die beiden horizontalen Zahnstangen greifen. Bei der Pilatusbahn ist somit das Gleis und die Fahrzeuge technisch gesehen eine einzige unzertrennbare Einheit. Fahrzeuge lassen sich nur in der Werkstatt vom Gleis trennen.
Traditionelle Weichen sind mit diesem System nicht möglich. Die Pilatusbahn besitzt ausschliesslich Schiebebühnen oder um eine Achse drehbare Kurvensegmente (Gleiswender).
Die auf den Schienen laufenden Losräder haben nur abstützende Funktion. Die Fahrzeuge werden ausschliesslich über die Führungsscheiben unter den Zahnrädern entlang der Zahnstange geführt. So gibt es auch Fahrzeuge nur mit spurkranzlosen Walzen. Die äusseren Spurkränze verhindern in der Werkstatt, dem einzigen Ort mit einem Gleisstück ohne Zahnstange, ein seitliches Wegrutschen. Betrieblich sind die Spurkränze bedeutungslos. So ist auch die Spurweite vom Gleis mit 80cm konventionell von Innenkante zu Innenkante gemessen ohne das dies aber irgendeine Führungsfunktion hat. Die Schienen sind bei der Pilatusbahn nur stützende "Rollflächen".
Wie ja bis zum heutigen Tage bewiesen, funktioniert dieses Prinzip absolut zuverlässig. Wie aber so oft bei kreativen, ja genialen Lösungen, besonders im frühen Maschinenbau, liegt/lag die Kehrseite der Medaille aber meist bei den Kosten. Trotz einwandfreier Funktion wurde dieses Prinzip daher nirgends mehr sonst angewendet. Umso mehr macht es natürlich noch heute jedem technisch Interessierten grossen Spass sowas noch in Betrieb zu sehen - wenn auch nur noch im elektrischen Betrieb.
1937 wurde die Pilatusbahn elektrifiziert. Als Folge führte man umgehend 9 der insgesamt 11 Dampftriebwagen dem Rohstoffkreislauf zu. 2 Dampftriebwagen Nr. 9 und 10 behielt man vor allem als Dienstfahrzeuge um im Frühling Teile der Fahrleitungsanlage auf, und als Schutz vor Lawinen im Spätherbst wieder abzubauen. Dabei konnte man das gesamte Personenabteil demontieren und durch ein einfaches Holzgerüst ersetzen. So kam ein Dampftriebwagen mit einem Personenabteil nur noch bis ca. Mitte der 60er Jahre als seltene Sonderfahrt, meist zum Saisonende zum Einsatz.
1976 wurde der Dampftriebwagen 10 ans Deutsche Museum in München abgegeben. 1981 war dann auch für den letzten Dampftriebwagen 9 die Abschiedsfahrt gekommen um als Ausstellungsstück ins Verkehrshaus Luzern zu gelangen.
So hatte mein Kollege Heinz Bircher nochmals die Gelegenheit am 8.12.1966 mit einer Gruppe von Eisenbahnfreunden mit dem Dampftriebwagen 9 mit Personenabteil als Bhm 1/2 auf den Pilatus zu fahren. Dabei konnte er unmittelbar vor der Bergstation Pilatus das urige Gefährt auf Film bannen.
Auch wenn heute leider nur noch als statisches Ausstellungsstück lassen sich ja sowohl in München wie Luzern wenigstens noch alle Details bestens studieren. So hoffe ich einfach die Bilder von Heinz Bircher vom Dezember 1966, den letzten Betriebsstunden im Personenverkehr machen noch etwas Freude.
Betrieb:
Eröffnung: 4.Juni 1889 (Dampfbetrieb)
Elektrifizierung: 15. Mai 1937
Streckenlänge: 4618m
Steigung: 480%o
Zahnradsystem: Locher
Spurweite: (80cm, Fahrzeuge werden nur am Profil unter der Zahnstange geführt)
![]() |
Foto: BEB / 16.8.2013 |
Das Zahnradsystem Locher mit den beiden horizontalen Zahnstangen, den Zahnrädern und den sich direkt darunter befindlichen Führungs- und Sicherungsscheiben welche die Zähne der Zahnstangen untergreifen. Die seitliche Führung erfolgt ausschliesslich am unter der Zahnstange befindlichen Profil. Ein Abheben des Fahrzeuges vom Gleis ist unmöglich. Nur bei diesem Zahnradsystem bilden Fahrzeug und Gleis eine unzertrennbare, technische Einheit.
Das Bild wurde in Capolago (TI), an der Talstation der Monte Generoso Bahn aufgenommen. Da werden die gebräuchlichsten Zahnradsysteme anschaulich nebeneinander präsentiert.
Alle Bilder sind am 8.12.1966 vor der Bergstation Pilatus Kulm aufgenommen.
Dampftriebwagen Bhm 1/2 9 Bj.1889 SLM Winterthur,
Vmax. bergwärts 4,4km/h, talwärts 3km/h, 100PS bei Kesseldruck 12atm, 32Pl.,
Bis 1981 als Diensttriebwagen Xhd 1/2 ohne Personenabteil für Fahrleitungs-Abbau/-Aufbau im Herbst/Frühling im Einsatz. Seit 1982 im Verkehrshaus der Schweiz als Bhm 1/2 ausgestellt.
![]() |
Foto: Heinz Bircher / 8.12.1966 |
![]() |
Foto: Heinz Bircher / 8.12.1966 |
![]() |
Foto: Heinz Bircher / 8.12.1966 |
![]() |
Foto: Heinz Bircher / 8.12.1966 |
![]() |
Foto: Heinz Bircher / 8.12.1966 |
![]() |
Foto: Heinz Bircher / 8.12.1966 |
![]() |
Foto: Heinz Bircher / 8.12.1966 |
![]() |
Foto: Heinz Bircher / 8.12.1966 |
![]() |
Foto: Heinz Bircher / 8.12.1966 |
![]() |
Foto: Heinz Bircher / 8.12.1966 |
![]() |
Foto: Heinz Bircher / 8.12.1966 |
Antriebseinheit und Zahnraddetails am Dampftriebwagen Bhm 1/2 9. Dampfzylinder für das angetriebene Zahnrad mit darunter liegenden Führungsscheibe.
Die auf einigen Bildern sichtbar unter dem Wagenkasten befindlichen, vorderen Zahnräder dienen der Führung des Fahrzeugs entlang der Zahnstange. Die Spurkränze haben betrieblich keine führende Funktion und verhindern nur in der Werkstatt, auf dem einzigen zahnstangenlosen Gleisstück ein seitliches Wegrutschen.
zurück zu: Tram / Eisenbahnen Schweiz