BEB / Bözenegg Eriwis Bahn - Strassenbahn Bremerhaven 1982

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Standort auf Karte: Bremerhaven: Verkehrskarte (Bahnen) von openstreetmap.org

Update 10.12.2024: 2 Bilder aus Timișoara (Rumänien) ergänzt.

Bremerhaven ist eine Stadt mit ausgedehnten Hafenanlagen an der Wesermündung zur Nordsee und als Exklave in Niedersachsen ein Teil vom Bundesland Bremen. So wurde 1827 zur Sicherstellung des Zugangs zur Nordsee ein Gebiet an der Wesermündung von der freien Hansestadt Bremen gekauft und darauf die Ortschaft Bremerhaven gegründet. Weitere nicht zu Bremen gehörende Ortschaften mit ähnlichem Hintergrund folgten, die Grösste davon wurde Geestemünde. 1939 erfolgte ein Zusammenschluss mehrerer Ortschaften, darunter auch die ursprüngliche Ortschaft Bremerhaven zur Stadt Wesermünde. 1947 wurde Wesermünde zum heutigen Bremerhaven unbenannt und wie einst mit der ursprünglichen Ortschaft Bremerhaven (heute Bremerhaven Mitte) dem Bundesland Bremen als Exklave im Bundesland Niedersachsen angegliedert.

Die Zeit der Strassenbahn begann mit einer Pferdebahn, welche 1881 vom damaligen Bahnhof Geestemünde (heute Hauptbahnhof) via dem damaligen Bremerhaven (heute Bremerhaven-Mitte) nach Lehe führte, die Strecke welche zuletzt auch von der Linie 2 bedient wurde. Die Depot-/Werkstattanlagen befanden sich an der Wursterstrasse in Lehe wie zuletzt noch von der Linie 2 benutzt, nachdem die Hauptwerkstatt in Wulsdorf durch die Stilllegung der Linie 3 für die Strassenbahn nicht mehr erreichbar war. Vor dem 1908 erfolgten Übergang zum traditionellen elektrischen Betrieb mit Fahrleitungen gab es ab 1898 noch eine eher glücklose Zeit mit Akkutriebwagen.
Das Streckennetz erfuhr Erweiterungen nordwärts ins niedersächsische Langen und südlich nach Wulsdorf mit Abzweigungen zu den Hafenanlagen an der Weser (Fischereihafen, Kaiserhafen). Um 1927 erreichte das Netz mit 5 Linien seine maximale Ausdehnung von ca. 22km Streckenlänge bei ca. 28km Linienlänge. Die Linie zum Kaiserhafen wurde als Erste 1927 auf Busbetrieb umgestellt, anderseits erfuhr die Linie zum Fischereihafen 1929 noch eine Verlängerung. Nach dem WWII wurden noch 3 Linien (2,3,4) betrieben. Die Nord-Süd-Achse teilten sich die Linien 2 Friedrichsruh (Langen) - Hauptbahnhof und 3 Bahnhof Lehe - Wulsdorf sowie als Zweiglinie die 4 von der Abzweigung Weserlust zum Fischereihafen. Zwischen 1958 und 1964 wurden die Linien 3 und 4 stillgelegt und die einzig übriggebliebene Linie 2 auf das Stadtgebiet von Bremerhaven nach Langen Stadtgrenze zurückgenommen. Obwohl nur noch die auf ca. 9km verkürzte Linie 2 übrigblieb, bildete sie aber noch immer das Rückgrat der Verkehrsströme Bremerhavens.
So wurden zu Beginn der 60er Jahre auch noch Investitionen in die Strassenbahn getätigt, neues Eigentrassee im Bereich des Elbinger Platzes und aufwändige Führung durch die Fussgängerzone in der Bürgermeister-Smidt-Strasse, aber vor allem auch die 1968 erfolgte Neubeschaffung von fünf (5 Tw + 5 Bw) mit in Bremen identischen Kurzgelenk-Tramzügen. Dazu konnten im Jahr zuvor von Offenbach 3 fast neuwertige, erst 10 Jahre alte Grossraumzüge von Düwag übernommen werden. So war die Strassenbahn zu Beginn der 70er Jahre bis auf veraltete Werkstatt und Depotanlagen ein moderner und leistungsfähiger Betrieb.
Wie sich aber bald herausstellen sollte, waren diese Investitionen nur noch ein letztes Aufflackern eines bereits erlöschenden Feuers. So arbeitete die Politik längst an der endgültigen Stilllegung der Strassenbahn, da konnte auch die Erdölkrise mit Sonntagsfahrverboten Ende der 70er Jahre nichts mehr ändern. In "weiser Voraussicht" wurde bei der Neubeschaffung der 5 Kurzgelenk-Tramzüge auch bereits vertraglich eine Übernahme durch die Bremer Strassenbahn im Falle einer Stilllegung vereinbart. Wie meist in der Politik bestätigten ein paar Gefälligkeitsgutachten natürlich auch die absolute Notwendigkeit dieses umweltfreundliche und mit einheimischer Energie betriebene Verkehrsmittel zu beseitigen.
Zu dieser von langer Hand geplanten Demontage gehörten auch der 1975 eingeführte Ersatz der Strassenbahn durch Busse abends ab 19 Uhr, ab 1976 dann auch an Wochenenden am Samstagnachmittag und sonntags. Nach Einführung des schaffnerlosen Betriebs 1978 konnten nur noch die neuen Fahrzeuge (5 Kurzgelenk-Züge + 3 Grossraumzüge ex. Offenbach) mit automatischen Türen eingesetzt werden. So gab es für den Betrieb der Linie 2 keine Betriebsreserve mehr. Üblicherweise wurden danach auch werktags in der Zeit mit Strassenbahnbetrieb 1-2 Kurse mit Gelenkbussen gefahren.
Das endgültige "Aus" für die Strassenbahn kam am 30.7.1982 nach 101 Betriebsjahren.

Die Kurzgelenkzüge (5 Tw + 5 Bw) wurden wie vereinbart zum Zeitwert von 1/2 Mio. DM von der Bremer Strassenbahn übernommen und standen nach einer gründlichen Revision für 4 Mio DM in Bremen bis 1995 im Einsatz. Danach gelangten sie nach Timișoara in Rumänien und sind da (2024) teilweise noch stets im Einsatz. Fast der gesamte übrige Wagenpark (incl. die 3 Offenbacher Züge) kamen nach Wehmingen bei Hannover in das glücklose Strassenbahnmuseum DSM. Die auf ca. 350 Fahrzeuge angewachsene, im Freien abgestellte "Sammlung" führte zum Konkurs des DSM. Die Nachfolgeorganisation, das heutige HSM (Hannoversche Strassenbahnmuseum) musste die Sammlung drastisch auf einen einigermassen überschaubaren Bestand reduzieren. Dabei trennte man sich auch von den ex. Offenbacher Zügen. 2 Triebwagen und 2 Beiwagen wurden noch vor Ort verschrottet. Der Triebwagen 79 + Bw 216 wurden 2010/12 noch von einem Verein aus Bremerhaven übernommen und beim Bahnhof von Heinschenwalde, wiederum im Freien, abgestellt. Mittlerweile da auch ohne Fenster sind die Wagen nach 40 Jahren Freiluftabstellung nur noch ein in sich zerfallender Rosthaufen, kaum mehr als Strassenbahn zu erkennen und wohl bald von der Natur vollständig zersetzt. Beim HSM in Wehmingen sind aber ein paar ältere Triebwagen und Dienstfahrzeuge ex. Bremerhaven noch im Bestand bzw. warten auf eine Revision.
Als einziges Strassenbahnfahrzeug ist in Bremerhaven noch der Triebwagen 7 als "historisches Fahrzeug" (ex. Fahrschulwagen) aus der Ursprungsserie von 1908 von Nordwaggon/AEG vorhanden. Aufgestellt an verschiedenen Lokalitäten, zeitweise auch im Freien, befindet er sich heute wenigstens wieder "unter Dach" abgestellt.

Nachdem sich die Fahrgastzahlen (1975: 25Mio.) nach der Stilllegung fast um die Hälfte reduziert haben und sich heute bei bescheidenen ca. 13Mio. einpendelten, kam schon früh der Ruf nach einer Wiedereinführung der Strassenbahn auf. Mit wechselnder Intensität wird diese Idee mittlerweile auch von der Politik aufgenommen. Viel mehr als sich wiederholende Expertisen und Planungen zur Realisierbarkeit sind aber noch nicht zu beobachten. Aber wer weiss - die Hoffnung stirbt zuletzt.

Betrieb	1968-1982: Verkehrsgesellschaft Bremerhaven AG (VGB)
Spurweite	1435mm

Bauserie	5 Triebwagen (80-84) / 5 Beiwagen (218-222)
Typ	Einrichtungs- 4x Kurzgelenk-Drehgestellwagen Triebwagen und Beiwagen sind mechanisch identisch Kastenansteuerung via Gestänge/Kulisse von der Auslenkung der Drehgestelle. Gelenk freischwebend.
Baujahr	1968 (im Anschluss an die Wagen für Bremen Bj. 1960-1967)
Hersteller	Hansa Waggonbau GmbH, Bremen Kiepe Bahn Elektrik GmbH, Düsseldorf
Anstrich	beige mit roten Zierlinien (mit Bremen (BSAG) identischer Anstrich)
Motorenleistung	4x 60kW
Gewicht	18.6t
Plätze	41 Sitzplätze / Total: 152
Bemerkungen	Bereits beim Kauf 1968 durch die VGB wurde eine Übernahme der Wagen durch die Bremer Strassenbahn AG (BSAG) im Falle der Stilllegung vereinbart. 1982 übernahm BSAG die 5 Züge (5 Tw + 5 Bw) zum buchhalterischen Zeitwert von 1/2 Mio. DM. Weiterverwendungen nach der Stilllegung 1982: ab 1982: Bremer Strassenbahn Tw 475-479, Bw 644-648 ab 1995/96: Timișoara, Rumänien: Societatea de Transport Public Timișoara (S.T.P.T.) Tw 3475-3479 (ex. VGB 80-84) Bw 3644-3646, 3648 (ex. VGB 218-220, 222)

Betrieb	1957-1967: Offenbacher Verkehrs-Betriebe (OVB) 1967-1982: Verkehrsgesellschaft Bremerhaven AG (VGB)
Spurweite	1435mm

Bauserie	3 Triebwagen 77-79 ex. Offenbach 011-013 3 Beiwagen 215-217 ex. Offenbach 111-113
Typ	Einrichtungs- 4x Drehgestell Grossraumwagen
Baujahr	1957
Hersteller	DÜWAG, Düsseldorfer Waggonfabrik AG Kiepe Bahn Elektrik GmbH, Düsseldorf
Anstrich	beige/braun wie in Offenbach verwendet
Motorenleistung	2x 136PS
Gewicht	15.5t
Plätze	33 Sitzplätze, Total 109 Plätze
Bemerkungen	Offenbach beschaffte 1957 auch für die mit Frankfurt gemeinsam betriebene Linie 16 (ex. Frankfurt-Offenbacher Trambahn Gesellschaft FOTG) 3 Grossraumzüge welche baugleich mit den in den Jahren 1955-57 von den Frankfurter Stadtwerken beschafften Wagen der Serie L/l (203-242) waren. 1967 entledigte sich Offenbach seiner Strassenbahn und überliess den Betrieb der ehemaligen Gemeinschaftsstrecke der Frankfurter Strassenbahn. Die erst 10 Jahre alten Grossraumzüge wurden an Bremerhaven verkauft, wo sie eine willkommene und günstige Ergänzung zu den gerade neu beschafften Hansa Kurzgelenkzügen waren. Nach der Stilllegung 1982 kamen alle Wagen (3Tw +3Bw) ins Deutsche Strassenbahn Museum, Wehmingen (DSM) und wurden im Freien abgestellt. Nach dem DSM Konkurs ("Sammlung" von 350 Fahrzeugen) übernahm der Verein HSM den Fahrzeugbestand und reduzierte diesen drastisch auf das Erhaltbare. Die Tw 77,78 und Bw 215,217 wurden zwischen 1994 und 2005 vor Ort verschrottet. Die bereits lädierten Wagen Tw 79 + Bw 216 übernahm noch 2010/2012 ein Verein und deponierte die Wagen wiederum im Freien in Heinschenwalde wo sie auch noch dem Vandalismus ausgesetzt wurden. Durch ein missglücktes Rangiermanöver mit eingedrückten Fronten und mittlerweile auch ohne Scheiben (2024) sind sie da zu völlig zerfressenen Rosthaufen zerfallen und werden von der Natur bald ganz verschluckt bzw. zersetzt.

Inhalt

Strassenbahn Bremerhaven 1982 - das Ende ist in Sicht